Folge OOIIO*: „Wachen wir bald neben einem Sexroboter auf?“ mit Iris Phan

* das ist „Binärisch“ und bedeutet…: 6

Heute soll es um Sexroboter gehen. Nicht nach dem Motto „Sex sells“, sondern, weil es bei Sexrobotern mehr um Datenschutz geht als man auf den ersten Blick glauben möchte. Dazu spreche ich mit Iris Phan. Sie ist IT-Rechtsexpertin und Wissenschafts-Ethikerin, wodurch sie die perfekte Expertin ist, um zu verstehen, warum die intimen Momente mit Sex-Robotern nicht wirklich intim sind. Welchen Typ Mann oder Frau man am attraktivsten findet, welche sexuellen Vorlieben man hat und viele sensible Infos mehr, werden freiwillig beim Bestellvorgang und auch während der Verwendung preisgegeben – leider ohne das Bewusstsein der Verbraucher*innen, was mit diesen Daten alles passieren kann. Außerdem sprechen wir darüber, ob uns in 10 Jahren ein Sex-Roboter an der Haustür empfängt, das Essen steht schon auf dem Tisch und abends geht man gemeinsam ins Bett, was meint ihr?

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Show-Notes:

Iris Phan – PHILOS Institut für Philosophie – Leibniz Universität Hannover (uni-hannover.de)

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Transkript

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Karina Filusch: Hallo und herzlich willkommen beim DaSou-Podcast. Ich bin Karina Filusch, Datenschutz-Anwältin und externe Datenschutzbeauftragte. In jeder Folge des Podcasts spreche ich mit einer Expertin oder einem Experten über Datensouveränität, abgekürzt DaSou. Heute sprechen wir über Sexroboter. Dazu habe ich mir Iris Phan eingeladen. Sie ist IT-Rechtsexpertin und Wissenschaftsethikerin und forscht zu diesem Thema an der Uni Hannover. Liebe Iris, wie sieht denn so ein Sexroboter aus? Wie muss ich mir das vorstellen, wenn ich noch nie einen gesehen habe?


Iris Phan: Es geht nicht nur dir so. Da wir einen Podcast aufnehmen, kann ich keine Bilder zeigen, wie ich das normalerweise in Vorträgen und Vorlesungen tue. Deshalb versuche ich, Sexroboter so gut es geht zu beschreiben. Eine Vorstellung davon, wie eine sogenannte Sexpuppe aussieht, hat fast jeder. Das ist inzwischen doch recht weit gediehen. Früher hatten die Menschen vielleicht eher ein Bild einer aufblasbaren Plastikfigur vor sich. Dem ist inzwischen nicht mehr so. Dass es inzwischen Roboter gibt, liegt an deren Fähigkeit. Das heißt, dass sie mit einer Bilderkennung ausgestattet sind und sprechen können. Das bedeutet, dass sie auch mit einer Spracherkennung und einem Mikrofon ausgestattet sind. Je nach Preislage gibt es eine recht gut gestaltete Haut. Diese besteht aus Silikon oder anderen Kunststoffen und kann sich zum Teil tatsächlich erwärmen. Es gibt pulsierende Herzen, sich aufrichtende Penisse und pulsierende oder vibrierende Vaginas. Das Wort Customization spielt auch in diesem Feld eine große Rolle. Die Roboter können ganz nach Kundenwunsch gestaltet werden.


Karina Filusch: In Interviews mit dir liest man manchmal auch etwas von „BorDoll“. Kannst du uns sagen, was das ist?


Iris Phan: Ja. Das Wort BorDoll ist ein sogenanntes Kofferwort und aus Bordell und Doll (englisch für Puppe) zusammengesetzt. In diesen BorDolls, die auch wirtschaftlich arbeiten müssen, werden tatsächlich Dolls, also Puppen, eingesetzt. In den Puppen ist keine KI verbaut. Ich denke, dass man hier eine reine Kosten-Nutzen-Rechnung aufgemacht hat. Interessant für meine zu diesem Thema forschenden Kollegen und mich ist aber: Wie wirkt das auf Menschen? Werden die Dolls genutzt und rentiert sich das für den Betreiber bzw. die Betreiberin? In Deutschland wurde das erste BorDoll im Jahr 2018 eröffnet. Es wurde zwischenzeitlich geschlossen und dann haben noch ein paar weitere aufgemacht. Dort sind reine Puppen im Gebrauch. Mit Marketingaktionen vergleichbare Projekte gab es in Barcelona, Paris und anderen großen Städten, bei denen es Zimmer gab, in denen die Nutzung einer solchen Puppe möglich war. In anderen Ländern, in denen strengere Anti-Prostitutionsgesetze herrschen, z.B. in Südkorea, ist es schon viel länger gang und gäbe solche Zimmer zu mieten. Interessant ist zudem, wie die Reaktion von Ordnungsbehörden also sprich der Polizei ist. Die Polizei kennt die Anti-Prostitutionsgesetze, aber ist irritiert, was die Nutzung der Puppen anbelangt. Bei den Puppen handelt es sich nicht um Menschen. Daher ist für sie fraglich, wie das handzuhaben ist und ob eine Bestrafung hier überhaupt möglich ist. Die Reaktion darauf, wie es ist, wenn Puppen und dann irgendwann Roboter immer menschenähnlicher werden, ist definitiv zu beobachten.


Karina Filusch: Wenn man sich eine solche Puppe angucken möchte, dann weiß man also, wo man dies rein theoretisch tun kann. Du hast darüber geredet, wie viel es kostet, eine Puppe zu bestellen. Ich habe gesehen, dass die Puppen in den USA und vor allem in asiatischen Ländern produziert werden. Bei uns werden sie noch nicht produziert, oder?


Iris Phan: Doch, sie werden auch bei uns produziert. Das ist aber nicht so bekannt wie, wenn du in die Suchmaschine eingeben willst, dass du einen neuen Drucker oder Ähnliches benötigst. Tatsächlich ist es eher so, dass hier in Deutschland mehr Produktverbesserungen stattfinden. Wir durften eine solche Firma, die Puppen herstellt, besuchen. Die Firma lässt ihre Puppen in China fertigen. Teilweise liegt dann eine Qualität vor, die nicht den deutschen Standards entspricht. Die Firma versucht Undichtigkeiten in der in der Oberfläche und Ähnliches auszubessern. Dazu hat sie einen Keller eingerichtet, der mit Tisch und OP-Lampen ausgestattet ist. Hier wird auch ausgetestet, wie man Wärmeelemente einbringen kann, ohne dass der Nutzer einen Stromschlag bekommt.


Karina Filusch: Es ist krass, wie weit das geht. In diesem Zusammenhang sind wir eigentlich auch schon wieder beim Thema Datensouveränität angelangt. Du hast gut zu einem sehr wichtigen Thema übergeleitet, das mit der Datensouveränität zu tun hat – nämlich der Preisgabe von Vorlieben im Bestellvorgang. Wie sieht das denn aus? Wie muss ich mir das vorstellen?


Iris Phan: Es kommt ein bisschen darauf an. Selbst, wenn die Puppe bzw. der Roboter von der Stange, also vorgefertigt ist, gibt es etwa fünf verschiedene Typen zur Auswahl. Haarfarbe, Hautfarbe und so weiter kann man durchaus wählen. In diesem Zusammenhang gibt man schon viel zu seinen sexuellen Vorlieben Preis. Die Daten fallen dann in die Kategorie des Art. 9 I DSGVO. Das kann das Sexualleben einer Person betreffen. Es kann aber auch unter Umständen die sexuelle Orientierung betreffen. Im weitesten Sinne handelt es sich womöglich sogar um Gesundheitsdaten. Es ist nicht so wichtig, dass wir direkt abgrenzen, da die erhobenen Daten und auch zusätzlich anfallende Daten in jedem Fall unter die sensiblen Daten fallen. Deshalb bin ich so ausführlich auf die KI eingegangen. Mit KI haben wir nicht nur eine Puppe. Wir nennen sie auch ausdrücklich Roboter, um immer wieder darauf hinzuweisen, dass künstliche Intelligenz verbaut ist. Die anderen Daten, die auch zuhauf anfallen, sind die, die der Spracherkennung dienen, um das Ganze natürlich auch besser zu machen. Das kennen wir alle von kleinen Sprachassistenten bzw. Sprachassistentinnen wie Alexa, Cortana usw. und auch von der Bilderkennung. Hier findet viel Übertragung statt. Der Hersteller in Deutschland, hat die Idee, dass die Daten in Deutschland oder wenigstens in Europa bleiben. Dazu bräuchte man dann eine Puppe mit einem eigenen System und dem Server im Keller. Die etwas besser ausgestatteten Puppen liegen preislich bei 8.000, 10.000 und bis zu 12.000 Dollar. Wenn dann noch die Kosten für Server, Wartung und Co anfallen, ist es ein sehr teures Hobby.


Karina Filusch: Wenn man seine Daten schützen will, muss man natürlich auch bezahlen. In einem anderen Podcast hattest du von einem sehr interessanten Fall erzählt. Es ging darum, dass jemand einen Sexroboter gekauft hatte, der aber in der Form eines Kindes war. Ich möchte nicht darüber sprechen, wie ethisch es ist, mit Kinderrobotern Sex zu haben, sondern es geht mir darum, dass er dann eine Strafverfolgung am Hals hatte. Deswegen können wir vielleicht nochmal auf diesen Fall eingehen.


Iris Phan: Das ist ein ganz kurioser Fall, der sich im Osten Kanadas ereignet hat. Derjenige hat sich einen kindlich-aussehenden Roboter (childlike-looking doll, abgekürzt CLSD), so ist, glaube ich, der richtige Ausdruck dafür, in Japan bestellt. In Japan gibt es eine bekannte Firma namens Trottla Limited. Deren Inhaber sagt, dass er Betroffenen die ethische und rechtliche Möglichkeit gibt, ihrem Trieb nachzugehen, ohne dass ein menschliches Kind zu Schaden kommt, indem er diese Puppen herstellt und in die ganze Welt verkauft. Der Kanadier aus dem Osten Nova Scotias hatte sich eine solche Puppe bestellt. Diese ist dann aber beim Zoll abgefangen worden, weil die Firma dort geblacklisted ist. In der Folge gab es einen Durchsuchungsbeschluss und bei dieser Hausdurchsuchung hat man bei dem Mann nichts gefunden, was in irgendeiner Form kinderpornografisches Material etc. ist. Dennoch wurde er in der ersten Instanz wegen des Besitzes dieser Puppe verurteilt. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass es klar wäre, was er mit dieser Puppe vorhat. Das Urteil war umstritten. Ich meine, dass der Fall in die zweite Instanz gekommen ist und das Urteil aufgehoben worden ist. Das kann ich jetzt nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Ich bin bei meinen Forschungsschwerpunkten noch nicht so weit, um zu entscheiden, ob ich das an dieser Stelle vertiefen möchte. Das Thema bewegt sich weg von Datenschutzrecht und viel mehr ins Strafrecht und ähnliche Gefilde, die ich bei meiner Wahl zum IT-Recht und Datenschutz bewusst ausgeklammert habe.


Karina Filusch: Trotzdem zeigt dieser Fall etwas ganz Spannendes. Hier wurde eine sexuelle Vorliebe, nämlich Pädophilie, kenntlich und das hat im Grunde bei diesem Mann für Schwierigkeiten gesorgt. Man muss also sehr wohl darauf achten, was man mit seinen Daten macht. Ich wollte mit diesem Beispiel eindrucksvoll bzw. überspitzt schildern, dass das nicht einfach nur Daten sind, sondern dass man viel über sich selbst preisgibt.


Iris Phan: Ja, das kann natürlich, auch wenn es vielleicht keine strafrechtlichen Folgen gibt, gesellschaftlich viel härtere Konsequenzen nach sich ziehen. An dieser Stelle möchte ich nur noch einmal korrigierend sagen, dass man nicht von einer sexuellen Präferenz, sondern eher von einer Prägung sprechen sollte. Menschen kommen mit einer Sexualität auf die Welt, die sie nicht ändern können. Sie haben diese einfach. Das ist erst mal nicht strafbar. So viel muss man auch festhalten. Handlungen, die daraus erwachsen könnten, wenn sie sich gegen Kinder richten, sind selbstverständlich in den meisten Ländern der Welt strafbar. Wenn allein der Verdacht besteht, weil eine solche Information mal unglücklicherweise irgendwo geleaked wird, hat das sicher unter Umständen gravierende Folgen.


Karina Filusch: Werden die Verbraucher*innen, die diese Puppen erwerben, darüber informiert? Was denkst du?


Iris Phan: Es kommt auf das Herstellerland an. China, Japan und Nordamerika sind die großen Herstellerländer. Die Puppen können nun auch in Europa und hier in Deutschland erworben werden. Ich denke, dass die Verbraucher sich größtenteils vermutlich nicht darüber bewusst sind, was mit diesen Daten passieren kann. In diesem Zusammenhang ziehen wir parallel immer eine Untersuchung zu chemischen Stoffen in Sextoys heran, die vor 2 bzw. 3 Jahren von Stiftung Warentest durchgeführt worden ist. Über diese sind sich Verbraucher auch nicht unbedingt bewusst. Wenn man jetzt von einem Sexroboter oder von einem Sextoy in fast Lebensgröße ausgeht, den man im Schlafzimmer neben sich liegen hat, möchte man die Ausdünstung solcher Stoffe nicht neben sich haben. Auch darüber sind sich die Verbraucher eher nicht bewusst. Ein weiterer Aspekt, den uns der Hersteller in Rheda-Wiedenbrück mit auf den Weg gab, ist dass es schwer vorstellbar ist, dass die Kunden eine Datenschutzbehörde aufsuchen und einen Data Breach monieren. So hat er seine Parkplätze, die ehemals vor dem Geschäft waren, ein bisschen anders eingerichtet. Sie wurden nie genutzt, auch wenn alle Parkplätze in der Stadt belegt waren, waren die Parkplätze direkt vor seinem Geschäft immer frei. Man wollte nicht mit diesem Geschäft in Verbindung gebracht werden. Es besteht eine große Scheu, mit dem Thema offen umzugehen oder anders umzugehen. Hier sind Verbraucherrechte und wie gesagt auch Datenschutzrechte doch sehr stark betroffen.


Karina Filusch: Ich finde beeindruckend, was du über die Parkplätze gesagt hast. Wenn die Kunden sich noch nicht einmal trauen, einen Datenschutzverstoß zu melden, sind sie weitestgehend schutzlos. Wir hatten jetzt über den Bestellprozess und die Vorlieben, die man so vielleicht im Einzelnen beim Bestellvorgang äußert, gesprochen. Du hattest ganz am Anfang gesagt, dass von dieser Puppe sogar Bildaufnahmen aufgenommen werden können. Das war mir gänzlich unbekannt. Heißt das, dass die Puppe wirklich sehen kann?


Iris Phan: Das hängt von der technischen Ausstattung ab. Auch bei den Kameras, die in Smartphones oder in Smart-TVs verbaut sind, sind sich wenige Nutzer darüber im Klaren, dass der im Schlafzimmer aufgestellte Smart-TV nicht immer erst dann angeht, wenn man ihn anstellt. Diese Puppen sollen irgendeine Form der Beziehung mit ihren Usern führen. Ich nenne es jetzt mal so. Die müssen sie den User auch wiedererkennen. Sie sehen, dass jemand den Raum betritt, und die Kamera nimmt das auf und ordnet das dann eben zu. Das würde nicht anders laufen, als wenn man da Daten verarbeitet.


Karina Filusch: Du hast gesagt, dass das eine KI ist. Vielleicht kannst du das nochmal beschreiben. KI sind künstlich, aber wie werden diese KI denn intelligenter? Um sie zu trainieren, macht die KI Aufnahmen und verschickt diese über das Internet. Und wer sitzt auf der anderen Leitung des Internets? Ein Mensch!


Iris Phan: Natürlich! Je mehr Daten, desto besser ist die KI trainiert etc. Wir wissen auch alle, wie intelligent das momentan wirklich ist. Die Werbeversprechen aus dieser Branche, dass man irgendwann trans-humanistischen Sex zu erwarten hat, also weit über das menschliche Vermögen hinausgehende sexuelle Erlebnis, lasse ich jetzt mal so dahinstehen. In diesem Bereich wird von einer Jahreszahl gesprochen. Diese liegt bei etwa 2050. Es wäre also etwas, was wir noch erleben. Ich bin ein bisschen skeptisch, gerade auch, wenn man sieht, wie es momentan ist. Auf der anderen Seite bin ich manchmal auch überrascht, wie schnell die Entwicklung ist und was man in seinem eigenen Menschenleben schon so mitbekommen hat. Je besser die Sexroboter werden sollen, desto mehr Daten müssen verarbeitet werden, denn das ist im Prinzip auch das Ziel. Es gibt einige interessante Studien dazu, dass User, die sich wenig Gedanken zu der dahinterstehenden Technik und den dahinter liegenden Datenströmen machen, die Sexroboter tollfinden. Sie finden es gut, dass der Roboter sich ihre Namen merken kann und sprechen kann. Die Roboter werden tatsächlich sehr stark vermenschlicht, sodass von Fähigkeiten gesprochen wird. Das ist spannend. Auch an dieser Stelle gibt es wenig Problembewusstsein. Stattdessen ist immer nur diese Faszination herauszuhören.


Karina Filusch: Ich stelle mir das gerade vor: Man denkt, man sei in einem sehr intimen Moment und in Wirklichkeit wird dieser sehr intime Moment aufgezeichnet. Es wird nicht nur die Akustik aufgenommen, sondern auch eine visuelle Aufnahme findet statt. Womöglich wird das dann noch an eine dritte Person weitergeleitet, die bei diesem Hersteller sitzt, der womöglich in China ist. Sodann werden meine Handlungen oder die Sätze, die ich gesagt habe, übersetzt und zum Training der KI verwendet. Das ist gruselig. Was denkst du, wohin geht die Reise in der Zukunft? Wird es bald so sein, dass wir morgens neben so einem Roboter aufwachen?


Iris Phan: Das gibt es durchaus schon. Ich spreche jetzt nochmal von dem Hersteller bei Rheda-Wiedenbrück, denn der hat das sehr anschaulich erklärt. Er hat allein aufgrund des Körpers und der Schwere dieses neben ihm im Bett liegenden Körpers das Gefühl, dass dort noch ein Mensch wäre und er schläft dadurch ruhiger. Es gibt viele Menschen, die es beruhigt, etwas Menschenähnliches neben sich zu haben. Insbesondere von Sozialphobien betroffenen Menschen kann ein Roboter dabei helfen, sich wieder an eine menschenähnliche Figur heranzutrauen. Er vermittelt einfach das Gefühl, dass jemand oder etwas da ist. Wir alle kennen das Gefühl, wenn wir die Stille, die um uns herum ist – gerade momentan zur Pandemie-Zeit -, mit Radio, Binge-Watching oder Ähnlichem  übertönen. Meines Erachtens unterscheiden wir uns nicht so stark von den Nutzern, die sich eine Puppe hinsetzen oder hinstellen und mit ihr reden oder in irgendeiner Form interagieren. Oft heißt es: Es sind immer nur die anderen und das müssen komische Menschen sein und alles sei irgendwie befremdlich und gruselig. Ich glaube, dass es viele Verhaltensweisen gibt, die ähnlich sind. Wie gesagt, gibt es das durchaus schon. Ebenfalls gibt es virtuelle kleine Püppchen, die einem per SMS Nachrichten schreiben. Sie schreiben dann z.B.: „Guten Morgen, wie geht es dir? Ich möchte dich nochmal daran erinnern, dass du heute Nachmittag ein Meeting hast.“ Das vermittelt das Gefühl, dass vermeintlich jemand da ist, der mit allem interagiert und mit dem man eine Beziehung hat. Das hilft ganz vielen Menschen. Das ist ein positiver Aspekt.


Karina Filusch: Ja, ich finde schön, dass du diesen Aspekt nochmal so dargestellt hast. Es gibt in unserer Gesellschaft leider Leute, die ungewollt oder gewollt einsam sind und dann kann so etwas natürlich ungemein helfen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es Personen gibt, die aus körperlichen Gründen nicht so leicht an Sexualität kommen. Da kann das auch eine Hilfe sein.


Iris Phan: Auf jeden Fall. Das ist meiner Meinung nach auch nicht zu unterschätzen. Es gibt viele Menschen, die sich bewusst zurückziehen. Sie sagen, dass sie schon oft Beziehungen hatten, sie haben ein Sozialleben und einen Beruf, wollen aber, wenn sie nach Hause kommen, keine Menschen mehr um sich haben. Sie finden es gut, dass sie eine Puppe haben, die sie verwöhnen können, ihr also z.B. Schmuck oder Unterwäsche mitbringen können. Sie finden es gut, dass sie mit ihr reden können, die Puppe dann aber ruhig ist. Es kann sein, dass man genau das haben möchte. Dafür entscheiden sich einige Menschen. Ob das gesellschaftlich gut oder nicht gut ist, lasse ich jetzt einfach mal so dahinstehen. Das kann man an anderer Stelle noch diskutieren. Das Feld ist jedenfalls sehr breit und vielfältig. Angeblich – wir können uns da nur auf die Herstellerzahlen verlassen – hat es einen großen Verkaufsboom in der Pandemie-Zeit gegeben.


Karina Filusch: Das ist wirklich interessant. Ich habe auch noch gelesen, dass ein amerikanischer Hersteller damit wirbt, dass diese sechs Roboter irgendwann Teil eines Smart Homes werden könnten. Schließlich sind sie zum Training der KI ohnehin ans Internet angebunden. Kannst du dir vorstellen, dass das irgendwann mal kommt? Denkst du, dass in 10 Jahren vielleicht ein Sexroboter den Ofen anstellt und die Heizung aufdreht?


Iris Phan: Ja, das ist das große Szenario. Jetzt bin ich leider wieder auf dieser negativen Schiene, aber der Roboter dient dann als Sklave. Er ist sowohl Haushaltshilfe, als auch für das Bett geeignet. Wenn man das jetzt ganz überspitzt mit IoT und ähnlichen Verbindungen so weiterdenken würde, wie du es eben auch dargestellt hast, sage ich: Ja, warum nicht? Ich kann mir das schon vorstellen und vielleicht auch nicht erst in 10 Jahren. Wenn man sich die momentane technische Entwicklung bei Herstellern oder in Dokumentationen anguckt, ist man durchaus wieder ein bisschen enttäuscht, weil man sich das schon viel besser vorgestellt hat. Sicherlich liegt das auch ein Stück weit an dem Bild, was uns Science-Fiction-Filme geben, bei denen wirkliche Menschen Roboter darstellen. Da ist es genau umgedreht. Daher hat man immer den Eindruck, Roboter müssten schon so gut wie Menschen sein. Ich habe mich nur über mich selbst gewundert, da ich mich immer wieder vor den Figuren erschrocken haben, die dort im Raum saßen, weil sie, wenn man herangeht, doch schon dieses ganz starke menschliche Aussehen haben. Einige dieser Modelle sind ein bisschen besser als eine Schaufensterpuppe. Allein dieses menschliche Aussehen bzw. diese Silhouette reicht schon, um sich kurz zu erschrecken. Das empfand ich dann doch eher negativ.


Karina Filusch: Ja, aber warum auch nicht? Ich meine das Smart Home kann natürlich auch positive Aspekte haben. Ich finde, dass in dem, was du gerade gesagt hast, auch sehr viel Positives erkennbar wurde. Nur kurz als Ergänzung: „IoT“ (Internet of Things) ist z.B. der Kühlschrank, der mit dem Internet verbunden ist und dann für uns einkaufen geht, wenn die Milch alle ist usw. Ich habe gelesen, dass es auch Apps gibt und man die Puppe auch mit den Apps bedienen kann. Wie muss ich mir das denn genau vorstellen?


Iris Phan: Es gibt zwei verschiedene Apps, die mir etwas sagen. Einmal kenne ich eine App, die sogenannte Charaktervoreinstellungen, sodass man auswählen kann, ob das Modell besonders lebhaft oder schüchtern ist. Tatsächlich kann man auch Szenarien auswählen, z.B., ob sich die Puppe gegen Sex wehren soll. So kann man sogenannte Vergewaltigungs-Szenarien nachstellen. Das kann man voreinstellen. Man kann das wohl auch gleichzeitig mit dem verknüpfen, was die Puppe „lernt“. So kann die Puppe während der Gespräche mit dem Beziehungspartner individueller auf den Nutzer bzw. auf die Nutzerin reagieren und wird nicht immer nur Wikipedia-Einträge abspulen. Das ist die App, die auch unglaublich viel preisgibt. Das hatten wir vorhin schon besprochen. Des Weiteren gibt es eine App, die mit dem Unterkörper des Roboters verbunden ist. Für die weiblich gestalteten Roboter gibt es eine sogenannte Einlage in die Vagina. Das hört sich jetzt seltsam an und irgendwie so, als ob wir beim Psychologen wären. Hier wird Schnelligkeit, Bewegung, etc. als ein sogenanntes Bewegungsmuster erstellt.


Karina Filusch: Es ist ganz schön krass, was diese Apps alles können und wie viele Daten sie sammeln. Im Grunde ist dieser Sex-Roboter eine Datenkrake und es ist überraschend, was alles an Daten gesammelt wird. Wenn wir von unserer Ausgangsfrage ausgehen, ob das den Nutzerinnen und Nutzern klar ist, dann ist erschreckend, dass sich viele vielleicht gar nicht darüber bewusst sind, was da gesammelt wird, wie es aufbewahrt wird und wohin es geleitet wird. Ich habe noch eine wichtige Frage an dich: Was ist denn für dich persönlich DaSou? Also, was ist für dich persönlich Datensouveränität?


Iris Phan: DaSou ist für mich, dass zumindest die Wege transparenter werden, sodass man weiß, wie und wo Daten fließen, wie sie benutzt werden und wer sie zum Schluss hat. Da ich unter anderem das Label Datenschützerin habe, werde ich häufig gefragt, warum ich noch gewisse Social-Media-Plattformen nutze. Manchmal werde ich auch gefragt, warum ich ein iPhone und solche Sache besitze. Ich bin mir wenigstens bewusst darüber, wie es benutzt wird. Das ist wichtig, um dann nochmal zu entscheiden, ob ich die Sache nutzen will oder nicht und wie ich meine Daten für mich absichern kann. Das ist im Groben mein privates Verständnis von Datensouveränität. Global gesehen, geht das natürlich noch ein bisschen weiter.


Karina Filusch: Dankeschön, liebe Iris! Es hat sehr viel Spaß gemacht, mit dir über dieses Thema zu sprechen und du hast uns einen wundervollen Einblick gegeben. Herzlichen Dank dafür, dass du heute da warst.


Iris Phan: Sehr, sehr gerne! Vielen Dank für die Einladung und dafür, dass ich mit dir über dieses Thema sprechen durfte.


Karina Filusch: Ich hoffe, ihr hattet Spaß bei dieser Folge. Abonniert uns doch bei eurem Lieblings Podcast-Anbieter. Ihr könnt uns eine E-Mail schicken an hallo@dasou.law oder schickt uns doch einfach eine Twitter-Nachricht. DaSou ist eine Produktion der Kanzlei Filusch. Mehr Infos findet ihr auf unserer Website dasou.law. Der Jingle wurde komponiert von Mauli, die Idee zu DaSou hatte Axel Jürs, das Cover hat Hélène Baum erstellt, beraten wurden wir von Susan Stone. Editiert wurde der Podcast von Christoph Hinners.

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Karina Izabela Filusch, LL.M.

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