Folge OOIII*: „Hilfe! Mark Zuckerberg weiß, wann ich meine Periode habe!“ mit Barbara Wimmer

* das ist „Binärisch“ und bedeutet…: 7

Was hat die Periode mit Datenschutz zu tun? In der heutigen Zeit sehr viel. Deshalb ist heute Barbara Wimmer zu Gast, Tech-Expertin, Autorin und Expertin dafür, was in Menstruations-Apps eigentlich mit den Daten passiert. Hattest Du ungeschützten Geschlechtsverkehr, wie ist Deine Stimmung heute und wie sieht es mit Deiner Haut aus? All das und noch mehr wollen Perioden-Apps von den Nutzerinnen wissen. Informationen, die wir wahrscheinlich sonst mit niemandem teilen möchten, aber einer App kann man doch vertrauen oder? Wenn ihr wissen wollt, warum diese Daten für Facebook und Co. bares Geld sind und der App-Markt leider überflutet ist von Datenkraken, die die sensiblen Daten weiterverkaufen, um durch Werbung das Kaufverhalten zu steigern, dann hört auf jeden Fall hinein!

Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns gerne eine Mail an hallo@dasou.law und folgt uns auf Twitter/Instagram bei dasou_law.

Show-Notes:

Barbara Wimmer auf Twitter (@shroombab)

No Body’s Business But Mine: How Menstruation Apps Are Sharing Your Data | Privacy International

Barbara Wimmer, Hilfe, ich habe meine Privatsphäre aufgegeben! (Taschenbuch)

Barbara Wimmer, Tödlicher Crash (Taschenbuch)

drip. menstrual cycle and fertility tracking – Apps bei Google Play

Transkript

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Karina Filusch: Hallo und herzlich willkommen beim DaSou Podcast. Ich bin Karina Filusch, Datenschutz-Anwältin und externe Datenschutzbeauftragte. In jeder Folge des Podcasts spreche ich mit einer Expertin oder einem Experten über Datensouveränität, abgekürzt DaSou. Heute ist eine ausgezeichnete Tech-Journalistin bei mir, worüber ich mich sehr freue, weil sie sehr umfangreich zu verschiedenen Themen recherchiert. Eigentlich könnte man sie jede Woche zu einem spannenden Thema einladen, über das sie berichten könnte. Heute sprechen wir mit ihr über Menstruations-Apps. Das ist ein wichtiges Thema. Sie thematisiert Menstruations-Apps auch in ihrem Buch „Hilfe – ich habe meine Privatsphäre aufgegeben“. Darin befasst sie sich sie zudem mit vielen anderen spannenden Themen aus dem Bereich KI, zum Beispiel mit Sprachassistenten. Ferner geht es um die Frage, was diese IT-Produkte mit unseren Daten anstellen. Barbara Wimmer schreibt auch andere Bücher. Sie hat z.B. einen Roman namens „Tödlicher Crash“ geschrieben. In diesem Roman geht es um selbstfahrende Autos und die Konsequenzen in diesem Bereich. Ich finde, dass das auch ein sehr spannendes Thema ist. Ich kann Barbaras Bücher nur empfehlen und werde sie gleich in den Shownotes verlinken, damit ihr auch in den Genuss kommt. Aber erstmal: Hallo Barbara!


Barbara Wimmer: Hallo.


Karina Filusch: Schön, dass du hier bist. Wir haben uns heute das Thema Menstruations-Apps vorgenommen. Ein sehr wichtiges Thema, vor allem für uns Frauen. Wir hoffen aber, dass die Männer uns trotzdem weiter zuhören und nicht gleich abschalten, denn das Thema hat sehr viel mit Datensouveränität zu tun. Barbara hat mir im Vorgespräch auch erzählt, dass sie an eine ganz aktuelle Entwicklung anknüpft. Als Beispiel ist hier das „neue Datenschutz-Programm von Apple“ zu nennen, das Tracking an einigen Stellen nun erschweren will. Kommen wir jedoch wieder zurück zu den Apps: Barbara, was machen diese Perioden-Apps eigentlich genau?


Barbara Wimmer: Es gibt viele verschiedene Perioden-Apps und es gab bereits sehr viele Untersuchungen und Studien von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über sie. Eine der aktuellen Studien stammt von Privacy International und die heißt „Nobodys Business but mine – how menstruation apps are sharing your data“. Diese britische NGO Privacy International hat einen ausführlichen Test darüber gemacht, wie Menstruations-Apps mit den Daten ihrer Nutzerinnen umgehen und mit wem sie diese teilen. Insbesondere haben sie untersucht, welche Anbieter diese Daten auch mit Facebook teilen. Das haben fast alle Apps getan. Alle Menstruations-Apps haben die Daten mit Dritten geteilt und die meisten davon haben sie mit Facebook geteilt.


Karina Filusch: Das ist wirklich erschreckend. Das war mir ehrlich gesagt absolut nicht klar. Ich habe auf meinem Handy auch mal so eine App gehabt und die sehen immer sehr süß aus. Manche sind in schönen Pastelltönen gehalten und haben süße kleine Logos. Da kann man dann z.B. angeben, welche Laune man hatte. Als Beispiel: Heute hatte ich schlechte Laune oder heute hatte ich Hautprobleme oder heute habe ich nicht so gut geschlafen. Das, was man da eingibt oder eingeben kann, ist eigentlich bares Geld. Was kann man da denn noch so alles Spannendes eintragen?


Barbara Wimmer: Was man alles eintragen kann, hängt von der App ab. Das handhabt jede dieser Menstruations-Apps ein bisschen anders. Was aber allen gemein ist, ist, dass die sehr nachdrücklich sind, was das Eintragen betrifft. Das heißt, wenn man jetzt z.B. die Push Notifications aktiviert hat, erinnert einen die App regelmäßig daran, dass man doch bitte jetzt etwas eintragen soll. Sie fragen sich z.B.: „Wie fühlst du dich heute?“ Dann kann man auswählen: „reizbar, gut, schlecht, depressiv“ usw. Das klingt erstmal harmlos, aber es geht bereits um ziemlich sensible Daten. Wenn man z.B. depressiv ist, möchte man das vielleicht nicht unbedingt auch Facebook mitteilen wollen. Manche der Apps fragen auch, wann man das letzte Mal Sex hatte. Manche wollen sogar wissen, ob der Geschlechtsverkehr geschützt oder ungeschützt stattgefunden hat. Zusammen mit den Daten, wann die Periode eintritt, kann so mancher Hersteller auch ausrechnen, was das jetzt bedeutet.


Karina Filusch: Wenn ich jetzt in dieser App eingebe, dass ich letzte Woche Donnerstag ungeschützten Sex hatte, ist das schon sehr intim. Das würde ich nicht einmal meiner Mutter erzählen, aber Facebook erfährt davon. Über diese Themen schreibst du auch ausführlich in deinem Buch. Es ist schon schockierend, was wir Facebook und Co. alles anvertrauen. Was machen Facebook und Co. mit unseren Daten?


Barbara Wimmer: Es ist noch nicht erwiesen, dass Facebook und Co. alle diese Daten automatisch bekommen, sondern es werden nochmal Daten mit Dritten geteilt. Welche Daten das genau sind und unter welchen Voraussetzungen sie geteilt werden, ist so nicht untersuchbar. Ob jetzt genau diese eine Frage behandelt wird, kann man nicht so einfach feststellen. Facebook kann diese Daten nutzen, um den Userinnen passende Werbung anzuzeigen. Diese kann Facebook je nach Stimmung schalten und damit wiederum sein Geschäftsmodell forcieren.


Karina Filusch:Du hast auch recherchiert, wie teuer diese Werbung ist oder wie viel Wert diese Information hat.


Barbara Wimmer: Genau. Es gibt Unternehmen, die diese Werbungen auf Facebook kaufen. Diese Unternehmen wollen eine bestimmte Zielgruppe ansprechen. So kann man in einer bestimmten Phase des Zyklus besonders kaufreudig sein. Daten von Schwangeren sind besonders wertvoll. Für diese zahlen Unternehmen besonders viel Geld, und zwar umgerechnet circa 1,5 US-Dollar, während Daten von anderen Personen nur rund 10 Cent wert sind. Wenn man weiß, wann ein Kind auf die Welt kommt, sind die Daten noch wertvoller. Schwangere sind bei Werbetreibenden eine äußerst beliebte Zielgruppe, weil sie für bestimmte Dinge besonders leicht adressierbar sind. Dazu gehört zum Beispiel, was das Baby in den ersten Monaten braucht und was man schon braucht, bevor es überhaupt auf der Welt ist. Weiterhin gehört dazu, was man dann im Alter von sechs Monaten braucht und was das Kind dann mit vier Jahren braucht. Das heißt, dass dieses Datum für die Datenhändler sehr viel wert ist, sobald sie dieses einmal haben. Es gibt auch viele vermeintlich kostenlose Clubs, Newsletter, Infos, Coupons und Proben. Die Anbieter stellen dann manchmal ganze Boxen mit Proben zur Verfügung. Das bedeutet aber nicht, dass das alles wirklich kostenlos ist, sondern auch da bezahlt man dann mit seinen Daten, indem man jeweils angibt, in welchem Monat man z.B. schwanger ist. Dann wissen die das Firmen auch.


Karina Filusch: Unglaublich. Ich habe jetzt erst die ganze Konsequenz davon verstanden. Das heißt, wenn ich da jetzt eintrage, dass ich ungeschützten Sex an einem bestimmten Tag hatte und danach nicht mehr eintrage, dass meine Periode nochmal gekommen ist, können sie sich ausrechnen, wann der Geburtstermin ist. Dann wissen sie im Grunde auch, wie alt das Kind ist. Du hast gerade von Produkten für Säuglinge gesprochen, die sechs Monate alt sind. So kriege ich 6 Monate nach den 9 Monaten Schwangerschaft dann die Werbung für Säuglinge. Das ist beängstigend und das will man eigentlich gar nicht. In dem Moment fragen sich die Frauen, woher Facebook das weiß. Scheinbar weiß Facebook das durch diese App. Unser Handy weiß noch viel mehr, nicht wahr? Da werden wahrscheinlich nicht nur die Periodendaten zusammengeführt, sondern noch viel mehr Daten. Oder wie sieht es da aus?


Barbara Wimmer: Ja, auf jeden Fall. Im Falle von Facebook werden die Daten selbst auch nicht weitergegeben, sondern es wird damit nur Geld lukriert. Die Werbekunden von Facebook bekommen nicht direkt Zugriff auf diese Daten, sondern sie können dann nur Werbung schalten. Facebook spielt genau diesen Kundinnen dann die Werbung aus. Das heißt, dass der Konzern selbst die Daten in erster Linie nicht weitergibt. Die Apps teilen die Daten aber auch mit anderen Unternehmen, teilweise auch mit Data Brokern, die diese Daten in Datenbanken speichern und weitergeben. Das heißt, dass man als Userin einer App einfach nicht genau weiß, wo die Daten überhaupt landen. Das ist intransparent. Hierin liegt das eigentliche Problem, weil die Nutzerinnen sich nicht darüber sorgen müssen sollten, mit wem die App, die sie ausgewählt haben, die Daten teilt. Stattdessen sollte die Verantwortung bei den Unternehmen liegen, ihren rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Das, worüber wir gerade reden, ist so datenschutzrechtlich nicht einwandfrei.


Karina Filusch: Hast du bei deiner Recherche herausfinden können, was das für andere Unternehmen sind und was sie mit diesen Daten noch anstellen? War das erforschbar? Oder ist das alles zu intransparent?


Barbara Wimmer: Nein, das ist komplett intransparent. Privacy International kann z.B. auch nur die Datenströme nachverfolgen, die offensichtlich sind. Sind die Daten einmal aus der Hand gegeben, kann man sie bei dieser Firma nicht noch weiterverfolgen. Es gibt aber auch schon ganz viele Studien zu diesen Data Brokern und dazu, wer die Daten mit wem teilt. Es handelt sich dabei um komplett intransparente Firmen und Machtverhältnisse, sodass es sehr schwer ist, von außen einen Einblick zu erlangen.


Karina Filusch: Heißt das, dass die Daten rein theoretisch überall auf der Welt gespeichert werden könnten?


Barbara Wimmer: Ja.


Karina Filusch: Ein klares Ja. Wenn ich mir vorstelle, dass meine Daten in einem Land gespeichert werden, das nicht so ein hohes Datenschutzniveau wie wir in der EU hat, finde ich das schlimm. Ich wollte mit dir noch einen Fall aus den USA besprechen, den ich in der Vorbereitung mit dir auch kurz angerissen hatte. Und zwar ist das ein neun Jahre alter Fall, den ich so erschreckend fand, dass ich immer noch an ihn denke. Es geht um eine 15-jährige US-Amerikanerin, die sich eine parfümfreie Lotion in einem großen amerikanischen Supermarkt gekauft hatte. Dieser Markt hat Analysen dazu angestellt, was schwangere Frauen so einkaufen. Aus diesen Analysen hat sich herausgestellt, dass Schwangere im ersten Trimester gerne unparfümierte Produkte kaufen, weil der Geruchssinn dann scheinbar ganz besonders empfindlich ist. Als sie diesen Einkauf dann in diesem Supermarkt getätigt hatte, konnte der Supermarkt auch feststellen, wer diese Creme gekauft hat, und hat ihr Werbung nach Hause geschickt. Was ist denn dann passiert, liebe Barbara?


Barbara Wimmer: Die Werbung hat dann zufällig der Vater gefunden. Er ist erst einmal davon ausgegangen, dass sich jemand geirrt hat. Er hat sich irrsinnig aufgeregt. Der Supermarkt hat vor seiner Tochter gewusst, dass sie schwanger ist. Sie selbst hat das zu dem Zeitpunkt noch gar nicht gewusst.


Karina Filusch: Die arme 15-Jährige hat dann mächtig Ärger bekommen. Das ist ein gruseliger Fall. Das ist damals in der analogen Welt passiert – nur mit einer Bonus-Karte und noch gar nicht über das Internet. Wenn man sich jetzt vorstellt, das Daten womöglich zusammengeführt werden und dann Werbung gespielt wird, so wie du das gerade berichtet hast, kann das schon Konsequenzen für Frauen haben, oder? Welche Gefahren siehst du denn bei diesem Thema?


Barbara Wimmer: Ja, die allergrößte Gefahr ist aber eigentlich die, dass diese Daten in falsche Hände geraten können. Wenn sie weitergegeben werden, können sie auch leicht gehackt werden. Als Konsequenz kann man jetzt zum Beispiel sehen, dass man zum Beispiel damit erpresst werden kann, dass man ungeschützten Sex hat, sofern man dies angegeben hat. Oder man kann bloßgestellt werden. Man kann gestalkt werden. Mir fallen viele kriminelle Möglichkeiten ein.


Karina Filusch: Die Daten müssen wirklich gut geschützt werden. Apropos Sicherheit der Daten. Hast du dazu etwas herausfinden können? Wie stark schützen diese Apps denn diese Daten, damit so ein Data Breach, wie du ihn gerade beschrieben hast, und die Folgen nicht eintreten können?


Barbara Wimmer: Dazu gibt es interessanterweise noch sehr wenige Untersuchungen. Es haben sich alle auf die Datensammlungen konzentriert. Meines Wissens wurde das in der Studie von Stiftung Warentest aber mit getestet. Stiftung Warentest hat nämlich auch einen Test der Menstruations-Apps durchgeführt. Es schnitten nur drei von insgesamt 23 getesteten Apps gut ab. Allerdings wurden dort auch die Mess- und Prognosekonzepte mit beachtet. Abseits der Datensammlungen machen viele der Menstruations-Apps ganz einfache Erhebungen wie ein Zyklus abläuft. Das ist auch ein großes Problem, weil automatisch davon ausgegangen wird, dass man seinen Zyklus trackt – entweder, weil man schwanger werden will oder, weil man es nicht werden will oder, weil man es einfach nur wissen will. Alles ist aber darauf ausgelegt, dass man als Frau potenziell schwanger werden kann und seinen Zyklus deswegen besonders gut kennen sollte. Das Ganze wird aber nur mit Algorithmen errechnet. Es kommen keine wissenschaftlich geprüften Methoden zum Einsatz, die z.B. von Gynäkologen empfohlen werden bzw. ganz wenige Menstruations-Apps beherrschen auch Methoden, mit denen man z.B. natürlich verhüten könnte.


Karina Filusch: Am Ende verlässt man sich als Frau darauf und wird wegen der App trotzdem schwanger, obwohl man genau das verhüten wollte?


Barbara Wimmer: Genau. Man sollte sich auf keinen Fall auf solche Menstruations-Apps verlassen, wenn diese nicht wissenschaftlich geprüfte Methoden einsetzen, wie z.B. die symptothermale Methode. Bei dieser misst man z.B. die Aufwachtemperatur mit Nachkommastellen und einem speziellen Thermometer. Dann wird auch noch der Zervixschleim bestimmt und gemessen. All diese Daten muss man dann in dieser App eintragen. Das bieten aber nur die wenigsten Menstruations-Apps an, sondern sie berechnen einfach automatisch auf Basis der bisher eingetragenen Daten, wann der nächste fruchtbare Zyklus ungefähr beginnt. Das ist für eine natürliche Verhütungsmethode viel zu ungenau.


Karina Filusch: Ich falle gerade aus allen Wolken. Das bedeutet, dass diese Apps, die mir suggerieren, sinnvoll zu sein, eigentlich nur ein hübsches Gadget mit süßen Symbolen sind. Eigentlich können die gar nicht viel mehr als Daten abzugreifen.


Barbara Wimmer: Die meisten dieser Apps können das tatsächlich nicht. Es gibt aber ein paar Alternativen.


Karina Filusch: Vielleicht könntest du uns von den Alternativen berichten. Was gibt es denn da so?


Barbara Wimmer: Ja. Es gibt eine App, die genau diese symptothermale Methode einsetzbar macht. Die Userin muss diese Daten nicht eintragen, kann sie aber eintragen und dann wird das tatsächlich wissenschaftlich berechnet. Die App wurde zusammen mit einer Gynäkologin erstellt. Sie stammt aus Berlin und heißt Drip. Das Tolle an der App ist, dass sie auch noch Open-Source ist und von Frauen geschrieben und programmiert worden ist. Sie ist nicht kommerziell und gender-inklusiv.

 
Karina Filusch: Die App hat echt alles, was man sich so wünscht. Das finde ich cool. Das heißt, dass ich mir bei dieser App auch keine Sorgen zu machen bräuchte, dass Facebook oder andere Unternehmen die Daten bekommen? Oder wie sieht es da aus?


Barbara Wimmer: Genau, da sind die Daten sicher. Das Motto der App lautet: „Deine Daten, deine Wahl“.


Karina Filusch: Kann ich die eigentlich schon herunterladen? Ich frage für eine Freundin.


Barbara Wimmer: Sofern du ein Android-Phone hast, kannst du das tun. Wenn du ein iPhone hast, wird es noch etwas dauern, weil die iPhone-Version zwar in Arbeit aber noch nicht fertig ist. Das liegt daran, dass die drei Frauen, die sie programmieren das nicht hauptberuflich, sondern in ihrer Freizeit machen. Daher ist die iPhone App noch nicht fertig.


Karina Filusch: Da ist es gut, dass ich ein Android-Telefon habe und das mal ausprobieren darf. Sonst sind Android-Nutzer immer so ein bisschen hintenangestellt.


Barbara Wimmer: In diesem Fall hast du Glück. Die Android-App gibt es schon offiziell im Google Play Store.


Karina Filusch: Da stellen sich wahrscheinlich noch andere Fragen, ob Google diese Daten dann an dieser Schnittstelle abgreifen kann. Weißt du dazu zufällig etwas?


Barbara Wimmer: Nein. Nur, weil sie im Google Play Store ist, hat Google dann nicht automatisch die Daten. Google weiß allerdings, dass du die App heruntergeladen hast.


Karina Filusch: Damit kann Google hoffentlich nicht so viel anfangen. Es ist schon mal beruhigend, dass du uns Alternativen aufgezeigt hast. Welche Wege gibt es denn noch, um seine Daten zu schützen? Wie kann man sich schützen, wenn man ein iPhone hat und eine dieser Apps nutzen möchte?


Barbara Wimmer: Apple hat auch eine eigene Menstruations-App. Diese basiert allerdings wieder auf einem sehr ungenauen Algorithmus. Das heißt, dass die iPhone-App von Apple selbst nicht wirklich als natürliche Verhütungsmethode dient, sondern eher nützlich ist, um zu wissen, wann man ungefähr seine fruchtbaren Tage hat bzw.  wann ungefähr die nächste Periode kommt. Wenn man das wissen will, kann man sie verwenden. Seitens Apple heißt es auch, dass diese Daten nicht verwendet werden und sie nur auf dem Gerät selbst gespeichert werden. Allerdings habe ich bis jetzt keinen Security-Forscher oder Forscherin gefunden, der oder die das bisher überprüft hat. Das ist das, was der Konzern selbst behauptet. Bisher liegt uns nichts Gegenteiliges vor. Ich würde meine Hand dennoch nicht dafür ins Feuer legen, dass das wirklich so stimmt.


Karina Filusch:
Man sagt, dass Apples Geschäftsmodell nicht der Verkauf von Daten ist, weil die Produkte dafür einfach zu teuer sind. Das hört man immer wieder. Apple macht derzeit noch etwas anderes – etwas Aktuelles. Wenn man das so überfliegt, könnte man meinen, Apple steht jetzt für den Datenschutz ein. Vielleicht können wir noch kurz über diesen Zusammenhang sprechen.


Barbara Wimmer: Wenn man die Menstruations-Apps über Apple in der neuesten iOS-Version 14.5.1 herunterlädt, gibt es darin jetzt eine neue Funktion unter dem Menüpunkt Einstellungen, die „Do-Not-Track“ heißt. Wenn man diese aktiviert, verbietet man App-Anbietern, deine Daten nach Belieben zu verwenden. Diese Einstellung kann man dann entweder insgesamt für alle Apps auswählen oder man kann pro App einstellen, ob man das Tracken erlaubt oder nicht. Das heißt, dass die Daten dann auch nicht an Facebook weitergegeben werden dürfen, wenn man das verbietet.


Karina Filusch: Könnte ich mit dieser Do-Not-Track-Funktion eine dieser anderen im App-Store erhältlichen Perioden-Apps, von denen wir festgestellt haben, dass sie Daten an Facebook weitergeben, sorgenfrei auf dem iPhone benutzen?


Barbara Wimmer: Laut der Struktur von Apple kann man das. Ich muss dazu aber sagen, dass weder ich noch andere es bis jetzt ausprobiert haben, ob die Apps dann wirklich keine Daten mehr weitergeben. Es kann sein, dass das trotzdem passiert. Ich traue mich auch hier noch nicht, meine Hand dafür ins Feuer zu legen. Dennoch ist die Initiative von Apple sehr begrüßenswert. Sie hat Facebook weniger gut gefallen, weil die meisten Nutzerinnen und Nutzer, die diese Funktion kennengelernt haben, natürlich Do-Not-Track anklicken. Nur sehr wenige Menschen wollen sich freiwillig tracken lassen.


Karina Filusch: In der Zeitung wurde Facebook mit dem folgenden Satz zitiert: „Ich denke doch an die armen kleinen und mittleren Unternehmen, die in der Pandemie diese ganzen Daten brauchen.“ Das klang so lustig – als würde Facebook sich für diese kleinen und mittleren Unternehmen einsetzen. Dabei fängt Facebook hauptsächlich selbst diese Daten ab und macht große Geschäfte damit. Ich fand das sehr amüsant. Deswegen danke ich dir dafür Barbara, dass du das nochmal erwähnt hattest. Was würdest du den Frauen jetzt empfehlen, zu tun?


Barbara Wimmer:
Es kommt völlig darauf an, was eine Frau von einer Menstruations-App erwartet. Das Erste, was ich tun würde, wenn ich schon eine verwende, wäre, mal im Internet nachzusehen, ob diese App auf einer Liste steht, weil sie die Daten weitergibt. Das kann man leicht herausfinden, indem man die App plus Datenweitergabe an Facebook oder Tracking googelt. Das kann man auf jeden Fall herausfinden. Wenn man dann weiß, dass die Daten gesammelt werden, weil man blöderweise eine App nutzt, die die Daten weitergibt, wäre es mein Rat wäre, sie zu deinstallieren und sich eine Alternative zu suchen. Die beste Alternative ist Drip auf Android. Natürlich kann man auch eine andere App verwenden, wenn einem die Oberfläche nicht gefällt oder man mit der App nicht zurechtkommt. Man muss immer darüber im Klaren sein, dass man sich zumindest bei der Verhütung nicht auf eine App verlassen sollte, die einen ungenauen Algorithmus hat. Ich empfehle auch, dass man sich einfach dessen bewusstwird, was mit den Daten passiert kann.


Karina Filusch:
Ich habe mir nebenbei schon Drip heruntergeladen, weil du meintest, dass man auch mit der Oberfläche zurechtkommen muss. Ich finde, dass die App ansprechend aussieht. Ferner sieht sie datenschutzkonform aus. Sie fragt mich zumindest, ob ich das alles will. Insgesamt wirkt sie sehr gut. Probiert ruhig aus, ob euch das zusagt. Liebe Barbara, ich danke dir herzlich dafür, dass du dieses wichtige Thema mit mir besprochen hast. Ich hoffe, dass das ganz viele Frauen hören, die sich vielleicht sonst nicht trauen, solche Fragen einfach zu stellen, weil dieses Thema noch ein bisschen ein Tabuthema ist. Ich danke dir herzlichst dafür, dass du heute hier warst. Danke schön.


Barbara Wimmer: Gerne. Danke für die Einladung.


Karina Filusch:
Ich hoffe, ihr hattet Spaß bei dieser Folge. Abonniert uns doch bei eurem Lieblings Podcast-Anbieter. Ihr könnt uns eine E-Mail schicken an hallo@dasou.law oder schickt uns doch einfach eine Twitter-Nachricht. DaSou ist eine Produktion der Kanzlei Filusch. Mehr Infos findet ihr auf unserer Website dasou.law. Der Jingle wurde komponiert von Mauli, die Idee zu DaSou hatte Axel Jürs, das Cover hat Hélène Baum erstellt, beraten wurden wir von Susan Stone. Editiert wurde der Podcast von Christoph Hinners.

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Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte (TÜV Nord zertifiziert)
Karina Izabela Filusch, LL.M.

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