von Aileen Weibeler und Rechtsanwältin Karina Filusch, LL.M.
Frisch aus dem Silicon Valley mischt das neue Social-Media-Phänomen „Clubhouse“ die Sozialen Netzwerke auf. Ein Live-Podcast, bei dem man sowohl spannenden Rednern lauschen kann als auch selbst aktiver Teil der Debatte zu werden.
Die App setzt auf Exklusivität, denn man benötigt eine Einladung, um die App nutzen zu können. Jeder, der bereits App-Nutzer ist, hat zwei Einladungen zur Verfügung und kann so Leute seiner Kontaktliste einladen, die sich die App zuvor herunterladen und auf eine Warteliste gesetzt werden. Man kann also Bekannte, die die App bereits nutzen, bitten, eingeladen zu werden oder hofft auf der Warteliste gesehen zu werden und so eine Einladung zu ergattern. – Vorausgesetzt man willigt ein, dass auf die eigenen Kontaktdaten zugegriffen werden darf, versteht sich.
Hat man diese Hürden überwunden, bekommt man selbst die Möglichkeit mit zwei Einladungen sehnsüchtig Wartenden einen Gefallen zu tun (mit denen manche sogar schon den Handel in Höhe von dreistelligen Beträgen begonnen haben).
In der App gibt es dann Räume, in denen zu einem bestimmten Thema, zu einer bestimmen Zeit diskutiert wird. Beispielsweise mit Models, Influencern, Journalisten, Politikern, Schauspielern und Entertainern. Es gibt meist eine Person, die einen Diskussionsraum als Moderator eröffnet und „Redner“ einlädt, die zum Thema passen. Alle anderen Nutzer können den Raum betreten, Mäuschen spielen oder sich mit der digitalen Hand zu Wort melden und vom Moderator das Wort erteilt bekommen, sodass sie ihre Meinung beispielsweise mit Joko Winterscheidt oder Philipp Amthor teilen können.
Das Problem mit der Exklusivität
Thematische Debatten, spannende Redner und die Möglichkeit seine Stimme einzubringen klingt ja ganz gut, aber leider gibt es auch einige Kritikpunkte. Seine Stimme einbringen kann nämlich leider nicht jeder. Die Exklusivität ist nicht nur auf die Einladungen bezogen, sondern gibt auch bisher nur Apple-Nutzern die Möglichkeit die App nutzen zu können. Nicht sehr inklusiv im doppelten Sinn dürfte auch sein, dass die App auf die Audiofunktionen begrenzt ist, wodurch Gehörlose gar keine Chance haben, daran teilzunehmen.
Außerdem muss man das Adressbuch freigeben, um die App einwandfrei nutzen zu können. Die eigenen Kontakte aus dem Adressbuch werden auf den Clubhouse-Servern gespeichert, allerdings nicht nur die, die mit der App in Verbindung stehen, sondern gleich alle. Zur „Wahrung berechtigter Interessen“ werden außerdem die Gespräche aufgezeichnet, was die App deutlich unattraktiver machen dürfte. Unabhängig von den Aufzeichnungen bietet ein neues soziales Netzwerk ein neues Forum für Radikalisierung, Hatespeech und andere Gefahren. Hier gibt es glücklicherweise die Möglichkeit einen Raum wieder zu verlassen oder auch gefährliche Inhalte zu melden.
Was auf Clubhouse passiert, bleibt auf Clubhouse?
Abgesehen davon, dass die Gespräche mitgezeichnet werden, stellt sich die Frage, ob man wirklich ohne Bedenken sagen kann, was man möchte oder, ob man immer damit rechnen kann und muss, dass die „Chatham-House-Regel“ gebrochen wird.
Die Exklusivität mag darauf schließen lassen, dass alles vertraulich behandelt wird, aber wie der Ministerpräsident aus Thüringen, Bodo Ramelow zu spüren bekommen hat, ist dem nicht so, als er die Kanzlerin als „Merkelchen“ bezeichnete und sich später hierfür entschuldigte. Die „Chatham-House-Regel“ regelt die (Nicht-) Weitergabe vertraulicher Daten an Dritte, wobei bei Clubhouse offenkundig Dritte bei Diskussionen zuhören können. Clubhouse bietet also keinen Raum für Hinterzimmer-Gespräche, wohl aber mit Interessierten zu einem Thema zusammenzukommen und sich auszutauschen.
Ob die App den Hype übersteht oder bald wieder verschwindet, das wird sich zeigen. Dirk Engling vom Chaos Computer Club sagt dem rbb dazu: „Wir sehen da ein überhyptes Social-Media-Startup ohne tatsächliche Moderationskapazitäten, ohne brauchbares Geschäftsmodell und mit eingebautem zwangsweisem Hochladen der gesamten Kontaktliste.“
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