von Redaktion
Wir geben oft unser Einverständnis zur Datenverwendung: Beim Arzt zuerst die Datenschutzerklärung unterschrieben, den Nutzungsbedingungen eines Programms zustimmen, ohne sie zu lesen, denn wer liest sich schon 20 Seiten durch?! Cookies zustimmen? – „ja“ anklicken, denn sonst kannst du den Artikel nicht lesen.
Freiheit im Datendschungel?
Trotzdem ist es oft rätselhaft, was uns so im Internet passiert: Warum wird mir ein Anti-Haarbruch-Shampoo vorgeschlagen, nachdem ich mit meiner Freundin bei WhatsApp über kaputte Spitzen gesprochen habe? Wofür braucht die Shopping-App Zugriff auf mein Mikrofon? Scannt Instagram mein Gesicht, während ich durch die Posts scrolle? Merkt sich die Suchmaschine, welche Krankheiten ich gegoogelt habe und was passiert mit diesen Informationen? Weiß meine Dating-App, wo ich wohne, einkaufe und auf welchem Weg ich zur Arbeit fahre? Nimmt mein Chef unsere Zoom-Calls auf? Kann die IT-Abteilung des Unternehmens auf meine Festplatte zugreifen, während ich die Live-Arbeitsprobe durchführe? Darf der Geheimdienst in meinen Gesprächen mithören?
Die Datensituation kann zu einem chaotischer Dschungel werden, in dem es schwierig wird, den Überblick zu behalten über unsere Selbstbestimmung, unsere Rechte, aber auch Verpflichtungen.
„Ich finde aber, gerade müssen wir auch ganz stark darüber diskutieren, dass wir eben diese großen Monopole haben, von dem wir ein Stück weit auch als Nutzer*innen abhängig sind.“
(Svea Eckert, Journalistin)
„Über die eigenen Daten und wie sie verwendet werden Bescheid zu wissen, sowie darüber selbst bestimmen zu können“, so könnte man die Souveränität von Daten ganz umgangssprachlich erklären: Also die Herrschaft über die eigenen Daten zu besitzen. Der lateinische Ursprung des Wortes „souverän“ kommt von Herrschaft, Unabhängigkeit, von autonom und eigenverantwortlich, aber auch überlegen.
Im Kontext des Datenschutzes meint daher die Souveränität etwas ganz bestimmtes, nicht nur den Schutz oder das Recht, sondern die Selbstbestimmtheit oder Selbstbestimmung über die Daten.
„Wie sieht es eigentlich mit der Souveränität Deutschlands oder Europas aus, wenn es um den Umgang mit Daten geht?“
(Peter Schaar, Bundesdatenschutzbeauftragter a.D.)
Idealbild oder Wirklichkeit?
Verglichen mit der Definition scheint es heutzutage beinahe ein Idealbild oder bloße Theorie zu sein, über die eigenen Daten und deren Verwendung immer und überall selbst bestimmen zu können: Gerade in der Digitalisierung wird immer öfter vorausgesetzt, auf seine Souveränität zu verzichten, so scheint es. Denn viele wissen bzw. ahnen, dass der Zugriff auf die eigenen Daten Voraussetzung für die Nutzung von Internetseiten, Apps oder Programmen ist. Dass wir also eine Art Tauschhandel abmachen, wird als Voraussetzung für die kostenlose Nutzung von Diensten angesehen. Dass wir aber dabei keine freie Wahl haben und die Macht über unsere eigenen Daten weggebeben, ist auf dem Weg zu unserer Datensouveränität ein Hindernis.
„Ein Teil von Datensouveränität ist, dass man weiß, wo sie landen und dass unsere Daten nicht einfach weitergegeben werden, außer an Stellen, wo wir es explizit erlaubt haben.“
(Marius Melzer, Diplom-Informatiker, Chaos Computer Club Dresden)
Ebenso fehlt uns oft der Besitz unserer eigenen Daten. Natürlich können wir sie seit 2018 anfragen. Oft können wir nicht aber nicht einfach darüber verfügen, obwohl es praktisch wäre, unsere Daten zu besitzen und sie woanders weiter zu verwenden. Daher gilt für die Datensouveränität zu praktizieren, dass wir unsere Daten anfordern, also über sie verfügen und sie bei Bedarf teilen können. Das wäre z. B. im Gesundheitssektor praktisch und wird schon lange diskutiert am Beispiel der elektronischen Patientenakte. Auch der Informatiker Marius Melzer sieht noch einen weiten Weg zur Datensouveränität und nennt ein prominentes Beispiel für den Datenmissbrauch:
„…ich denke, dass es wichtig ist – und da sind wir sehr weit weg von – dass wir zum einen überhaupt eine Übersicht haben, wo unsere Daten landen. Wenn ich jetzt z.B. Microsoft Teams benutze, da gab’s eine sehr schönen Blogpost von jemanden, der das mal durchexerziert hat, wo seine gesamten Daten von dieser Videochat Applikation im Endeffekt landen. Und das hat er rausgefunden, indem er immer und immer wieder mal Anfragen gemacht hat […] auf Basis der Datenschutzgrundverordnung und ähnlichen Gesetzen. Und dass das niemandem bewusst ist, glaube ich, die Datenspuren, die man hinterlässt.“
Datensouveränität – Ein weiter Weg
Wir sind also erst noch am Anfang der Reise zur Umsetzung der Datensouveränität, also dem Idealzustand, dass wir souverän und selbstbestimmt mit unseren Daten umgehen, Bescheid wissen, wer sie hat und was damit passiert und sie bei Bedarf selbst zu verwenden – oder eben die Speicherung und Nutzung zu verweigern.
„Datensouveränität, [also] dass die Speicherung dieser Daten unabhängig von den Unternehmen erfolgt, und die Freiheit, damit bei uns liegt“ ist noch ein weiter Weg. „Ein erster Schritt dazu ist sinngemäß, jetzt zu fordern von diesen diversen Ländern ist, dass die Daten transportabel gemacht werden müssen, [also] wir zumindest diese Daten in einem elektronisch transportablen Format anfordern können.“
(Helmut Spudich, Journalist)
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